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Minecraft, oder wie ich lernte Blöcke zu lieben

„Minecraft meets Star Trek: Die Enterprise D in Originalgröße aus dem Baukasten“ – das war die erste Meldung, die ich jemals zum Thema Minecraft gelesen habe. „Wow“, dachte ich, „da versucht tatsächlich ein Verrückter die Enterprise in Originalgröße nachzubauen.“ Also in der Realität. Warum so etwas auf einer Computerspielseite stehen sollte, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Auch nicht darüber, dass solch ein Unterfangen wohl unbezahlbar wäre. Ich hatte wohl prinzipiell nicht wirklich viel gedacht als ich auf den Link klickte, aber meine Fresse … wäre das nicht eindrucksvoll gewesen?

Doch das verlinkte Video war eher ernüchternd. Keine reale Enterprise, ein Computerspiel (suprise!). Und was für eines: Extrem pixelige Grafik. Lauter Blöcke. Und geruckelt hat das auch noch. Nee … lass mal. Nach 30 Sekunden war das Filmchen schon wieder weggeklickt. Mein Interesse war zwar so weit geweckt, dass ich kurz bei Wikipedia nachschlug, was denn dieses Minecraft jetzt genau ist, aber das was ich dort las, schürte meine Begeisterung nicht unbedingt weiter an:

„Minecraft ist ein vom schwedischen Programmierer Markus Persson alias Notch entwickeltes Computerspiel, in dem der Spieler in eine sehr große, zufallsgenerierte 3D-Landschaft versetzt wird. Diese Welt besteht komplett aus Würfeln, die sich auf unterschiedliche Weise bearbeiten lassen.“

Tja … hm … okay.

Schnell hatte ich Minecraft wieder vergessen. Gelegentlich las ich zwar Meldungen dazu (mal gab es eine Achterbahn zu sehen, mal einen 16-Bit-Prozessor … hö?), aber allein die Tatsache, dass man bezahlen musste, um die Beta-Version zu spielen, ließ meine Neugierde nie allzu hoch kochen.

Dies änderte sich als eine gute Freundin beinahe schon fanatisch begeistert von dem Spiel erzählte. Mittlerweile war auch eine zeitlich begrenzte Demo erschienen und … naja … man kann ja mal einen Blick riskieren und herausfinden, ob an der ganzen Lobhudelei etwas dran ist. Um es vorweg zu nehmen … ja … schon irgendwie.

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Minecraft ist ein Sandbox-Game. Vielleicht sogar DAS Sandbox-Game. Sandbox-Games … das sind Spiele, die eine frei begehrbare Oberfläche habe, bei denen der Weg von A nach B nicht vorgeschrieben ist. Doch selten ähnelte ein Sandbox-Game tatsächlich so sehr einem Sandkasten. Denn früher oder später wird man sich bei dem ertappen, das man auch als Kind in eben diesem getan hat: Burgen bauen.

Meine ersten Schritte im Spiel waren unbeholfen. Ein kurzer Ladescreen und ich fand mich an einem Strand wieder. Zum ersten Mal erblickte ich die Blöckchengrafik mit eigenen Augen. Sah immer noch ziemlich bescheiden aus. Mal schauen, was man so machen kann. Okay … mit den Tasten W, A, S und D bewegt man sich. Egoshooterstandard. Mit E öffnet sich ein Inventarscreen, über den man Hotkeys belegen kann und der zudem ein 4×4-Felder großes Craftingfeld beinhaltet. Man kann als Dinge herstellen. Aha … interessant. Irgendwelche Rezepte scheint es jedoch nicht zu geben. Mit der linken Maustaste schlägt mein Männlein, die rechte scheint auf den ersten Blick keine Funktion zu haben (wie ich später herausfand, kann man mit dieser gesammelte Blöcke wieder in die Welt setzen und Dinge benutzen).

Schnell entdeckte ich, dass ich die Blöcke in meiner Umgebung einsammeln konnte, wenn ich sie nur lange genug schlage. Also lief ich durch die Gegend, schlug ein bisschen Erde aus dem Boden, pflückte schlagenderweise ein paar Blümchen und sammelte Wolle von vierckigen Schafen, indem ich sie schlug. Auch Bäume waren vor meinen Fäusten nicht sicher und schon bald hatte ich etwas Kleinholz in der Tasche (yeah … ich wollte schon immer Bäume mit meinen bloßen Händen fällen können). Ah … schau an. Wenn ich das Holz in das Craftingfenster lege, kann ich daraus Bretter herstellen. Schön.

Langsam wurde es dunkel. Die viereckige Sonne verschwand hinter viereckigen Wolken im viereckigen Meer. Und meine Fresse … dunkel bedeutet in Minecraft wirklich DUNKEL! Na so macht das aber keinen Spaß. Moment … was war das denn gerade für ein Stöhnen. Oh … ein Klötzchenzombie. Und eine Spinne. Und ein Skelett, das Pfeile auf mich schießt. Kaum hatte ich mich versehen, war ich tot. Was war denn das jetzt?

„Ja hast du dir keinen Unterschlupf gebaut? Und ein Bett? Damit kannst du die Nacht überspringen“, bekam ich auf mein verwirrtes Klagen von meiner Bekannten zu hören. Hö … was? Wie? Ich warf Google an und fand das Minecraft-Wiki. Aha … man kann eine Werkbank bauen. Und Werkzeuge, um Rohstoffe zu sammeln. Waffen. Und Fackeln, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Hm … interessant. Mit meinem neuen Wissen startete ich einen zweiten Versuch.

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Dieses Mal baute ich mir eine Werkbank. Werkzeuge. Ein Bett. Und ein Haus. Stolz stand ich vor meinem Meisterwerk (vier Wände, ein Dach) und betrachtete es. „Hm … eine Terasse wäre vielleicht auch ganz nett. Und eine Treppe, die dann dorthin führt.“ Ich glaube, das war der Moment, in dem mich das Spiel dann endgültig hatte.

Die Demozeit war schnell abgelaufen. Es dauerte nicht lange und ich kaufte mir die Betaversion. Von da an baute ich Häuser, Türme, Hallen in tiefen Höhlen. Ich grub mich durch Berge auf der Suche nach seltenen Rohstoffen und entdeckte das Transportsystem für mich (man kann munter Schienen verlegen und diese befahren). Meistens spielte ich hierbei im „Peaceful“-Modus. Das heißt: ohne Monster. Wohlwissend, dass ich dem Spiel damit auch noch das letzte Element nehme, das es mit einem normalen Spiel gemein hat.

Mittlerweile habe ich einen Multiplayerserver aufgesetzt und baue dort gemeinsam mit Freunden. Dabei habe ich erst vor kurzem den Nether für mich entdeckt, eine höllenartige Parallelwelt, die man durch Obsidianportale betreten kann.

Doch warum funktioniert Minecraft überhaupt? Es widerspricht so vollkommen jedem Aspekt des modernen Spieledesigns. Der Spieler wird nicht an die Hand genommen, er bekommt zu keinem Zeitpunkt gesagt, was er machen soll. Es gibt kein Spielziel, keine Geschichte, keine großen Helden. Er erfährt nicht einmal die rudimentärsten Dinge. Eigeninitiative ist gefragt. Das sollte abschrecken, aber nicht faszinieren.

In meinen Augen liegt es daran, dass Minecraft das beste Rollenspiel der letzten Monate, wenn nicht sogar der letzten Jahre, ist. Ganz ohne Attribute, Heldenklassen und epische Geschichte. Kaum ein andere Spiel bietet einem solch eine Freiheit. Will man ein Bauer sein, der friedlich sein Getreide anbaut? Oder ein Bergarbeiter, der sich durch Höhlen wühlt? Der Herr seiner eigenen Burg oder der Besitzer eines schicken Lofts? Spielt man Lokführer und baut ein komplexes Schienensystem oder geht man auf Monsterjagd? Oder warum nicht alles auf einmal?

Ich selbst ertappe mich immer wieder dabei wie ich kleine Geschichten erfinde während ich meine Gebäude in die Welt setze. Wer wohnt in diesem Gebäude? Was können Fremde darin vorfinden? Geheimgänge, die zu noch geheimeren Räumen führen?

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Inzwischen finde ich die Grafik sogar richtig schön. Auf ihre grobpixelige und sehr geometrische Art und Weise. Wenn ich auf meinem Burgturm stehe und der Sonne dabei zuschauen wie sie hinter den weit entfernten Klippen untergeht, während die Fackeln die Wände erhellen … das hat schon was. Es ist kein Crysis … aber hey … es ist meins! Und wenn ich die Monster dann doch mal aktiviere, gewinnt das Spiel an Spannung, Intensität und erzeugt eine Angst vor der Dunkelheit, wie man es sonst nur in Dead Space (oder ähnlichem) vorfindet (was zu einem großen Teil daran liegt, dass man alle gesammelten Gegenstände verliert, sollte man sterben und nicht rechtzeitig wieder zum Ort des Ablebens zurückfinden).

Soweit zu meinen Eindrücken zu Minecraft, DER Indie-Sensation. Auf jeden Fall ein beeindruckendes Spiel, mit dem ich inzwischen wahrscheinlich mehr Zeit verbracht habe wie mit meinem heißgeliebten „Red Dead Redemption“. Ist es etwas für jedemann? Nein … wahrscheinlich nicht. Die Ziellosigkeit des Spiels wird nicht jedem zusagen, die Grafik so manchem abschrecken. Irgendwann gehen einem wahrscheinlich einfach die Ideen aus, dem einen früher, dem anderen später (wobei die regelmäßigen Inhaltsupdates dem entgegenwirken). Falls ich jedoch ein wenig Interesse geweckt haben sollte: schaut euch mal die Demo an. Und sagt euch diese zu: ich habe die 15 Euro für die Beta bis heute nicht bereut. Give it a try!

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